Jetzt sind unsere Schulsprecher Samuel (15) und Andreas (16), beide aus der Klasse 10 b, und Florian aus der 10 a schon fast ein Vierteljahr im Amt. In einem Dreivierteljahr werden sie die Schule verlassen, bis dahin haben sie sich noch einiges vorgenommen: für sich selbst und für ihre Mitschüler. Denn wer in dieses Amt gewählt wird, muss Verantwortung übernehmen. Das verbindet die engagierten Jungs mit einer prominenten Vorgängerin aus der Berufsschule.

Bei der Person des öffentlichen Lebens handelt es sich um die aus Bad Reichenhall stammende, bayerische Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Michaela Kaniber. In ihrer Eigenschaft als Schulsprecherin konnte man seinerzeit eine frühe Ahnung davon bekommen, wohin der berufliche Weg sie führen wird. Dass der Weg von Samuel und Andreas politische Fahrt aufnimmt, zeichnet sich derzeit nicht ab. Eigentlich haben sie dafür auch viel zu gute Charaktereigenschaften: Vor dem Fragensteller sitzen drei Schüler, geradlinig, selbstbewusst, gepflegt, höflich und zurückhaltend, ohne Tattoo und ohne Besonderheiten bezüglich der Frisur, drei ganz normale Jugendliche, wie man sie an vielen anderen Schulen auch gern hätte.
Sie sind zwar politisch interessierte junge Leute, beschäftigen sich aber in erster Linie ganz pragmatisch mit ihrem Schulalltag. In ihren Köpfen kursieren eine Reihe von schulorganisatorischen Verbesserungsvorschlägen, die sie gern umsetzen möchten. Ein Erste- Hilfe-Kurs ist in Planung, verbesserte Sitzgelegenheiten für die Pause und vielleicht sogar eine kleine Eisdiele für den Sommer, zur Abkühlung und Erfrischung.
Von Seiten der Schulleitung und der Verbindungslehrer bekäme man jedwede Unterstützung, so Samuel, der in seiner Freizeit am liebsten Fußball spielt. Florian freut sich schon auf den Winter, wenn endlich die neue Skisaison beginnt. Dann wird er zu den Ersten gehören, die am Lift anstehen. Andreas mag es hingegen, mit etwas mehr Geschwindigkeit zu agieren, wenn er seine Crossmaschine durchs Gelände steuert. Nicht nur das Fahren gefällt ihm, sondern auch das Schrauben an seinem 125 ccm starken Zweirad. Dabei macht er in seinem gepflegten weißen Hemd gar nicht den Eindruck, als dass unbedingt Öl fließen muss.
Doch schnell wird man eines Besseren belehrt, wenn er auf seinen Berufswunsch zu sprechen kommt. Mechatroniker will Andreas werden. "Wenn die Hände richtig ölig sind, bin ich in meinem Element", so der Zehntklässler. Das liege in der Familie. "Man sieht ein handfestes Ergebnis nach getaner Arbeit", bricht er eine Lanze für eine Ausbildung im Handwerksberuf.
Ein handfestes Ergebnis sieht der junge Mann auch in seinem privaten Umfeld, nachdem er gehörig auf die schiefe Bahn geraten war. Schlechte Einflüsse und eine labile Haltung gegenüber diversen Mitteln mit betäubender Wirkung hätten ihm dicke Brocken in den Weg gelegt und ihm fast das Genick gebrochen, bekennt er freimütig. Doch das sei jetzt zum Glück alles vorbei. Neue Freunde, ein besserer Umgang hätten die Basis für einen Neuanfang gelegt. "Zum Glück habe ich die Kurve gekriegt", gibt sich der Junge optimistisch und gefestigt.
Einen Handwerksberuf steuert auch Florian an. Seinen Ausbildungsplatz als Elektroniker hat er schon sicher. Ein MINT orientierter Schüler mit Physik als Lieblingsfach. Zufrieden blickt er auf seine Realschullaufbahn zurück: „Ich würde alles nochmal genauso machen“, zieht er ein positives Resumee seiner Schullaufbahn. Was ihn am meisten im Schulalltag stört, ist die zunehmende Verrohung der Schüler im Umgang miteinander. Ein Phänomen, das auch im Alltag der Erwachsenen immer mehr um sich greift. Und dem nicht so schnell beizukommen sein wird.
Samuels Zukunft zeigt zwei mögliche Perspektiven auf. Zum einen könnte er die FOS nach dem mittleren Bildungsabschluss besuchen, dann eine Bankausbildung in Angriff nehmen und vielleicht einmal bei der Kripo einsteigen. Die zweite Alternative wäre eine Ausbildung bei der Spardabank, direkt im Anschluss an die Realschule. Der schulische Endspurt kann beginnen.

Johannes Vesper