„Wie immer trug ich meine graue Stoffjacke mit dem schwarzen Assassin´s Logo auf dem Rücken. Die Kapuze hatte ich mir über den Kopf gezogen. Ich hatte ihn nicht kommen sehen, den Mann, der mein Leben für immer verändern sollte.“ So schreibt Benedikt Kammhuber, Schüler der sechsten Klasse, in seiner neuesten Erzählung „Assassin´s Creed“. Wer die Lektüre aus der Feder des jungen Mannes zur Hand nimmt, erkennt bald, dass ein ambitioniertes Schreibtalent am Werke war.

  „Mein Name ist Desmond Rock, bin 16 Jahre alt, lebe in Pasadena und bin ein riesiger Fan von den Assassin´s Creed Games. Mein Vater arbeitet bei Abstergo Industries, der Firma, die die Videospiele auf den Markt bringt, weshalb ich immer die neuesten Versionen vor mir liegen hab.“ Und um die virtuellen Welten dieser Videospiele strickt Benedikt seine Geschichten am liebsten. Ein großer Leser, wie man es bei einem Nachwuchsautoren seines Kallibers vermuten würde, ist der 12-jährige Junge aus Petting keineswegs. Filme, Hörspiele und die Videowelten eben inspirieren ihn mehr als die gedruckten Seiten zwischen zwei Buchdeckeln, was aber der Qualität seiner schriftstellerischen Exzerpte keineswegs einen Abbruch tut. Die Zeit ist nur eben eine andere und Desmonds Vater arbeitet nicht in einem gewöhnlichen Industriebetrieb, sondern bei Abstergo Industries.
Abstergo Industries ist einer der größten und bedeutendsten multinationalen Konzerne der Neuzeit und die größte und bedeutendste Teilgruppe der Templer. Der Konzern wurde 1937 gegründet. In der Öffentlichkeit tritt Abstergo Industries als pharmazeutisches Entwicklungsunternehmen auf. Der Konzern ist jedoch auch für die Mehrheit der menschlichen technologischen Entwicklung der letzten Jahrtausende verantwortlich. Der Orden der Templer besteht aus einer Anhängerschaft, die sich einen ewigen Frieden auf der Erde wünscht, die aber der Meinung ist, dass die Menschen auf sich allein gestellt nicht in der Lage seien, sich diesen zu verwirklichen. Deswegen suchen die Templer nach Möglichkeiten, die Weltbevölkerung zu kontrollieren.
Der Mann, der das Leben von Desmond für immer verändern wird, heißt in William Brix. Der lädt den Jungen auf eine Tasse Tee nach Hause ein. So beginnt Benedikts spannende Geschichte. „Überall in Brix´ Wohnung waren Kabel verlegt, massenhaft Bildschirme aufgestellt und mittendrin stand ein Stromstuhl.“ Das ist ein so genannter Animus, ein Gerät, mit dem man in den menschlichen Genen steckende Erinnerungen der Vorfahren abrufen und durchleben kann. Jetzt kennt das Fantastische keine Grenzen mehr. Fiktion und reales Geschehen vermischen sich schwindelerregend, bis der Leser selbst nicht mehr weiß, wer er ist.
Die ganzen Osterferien hat Benedikt vor seinem Computer gesessen, um seine Erzählidee niederzuschreiben. In den nächsten Ferien ist die Fortsetzung des Ganzen an der Reihe. In einer IT-Stunde seien die ersten bedächtigen Schreibversuche erfolgt. Die Nachfrage nach spannend erzählten Fantasyabenteuern ist ungebrochen.
Dabei sind Fantasy-Romane keine Neuerfindung von J.R.R. Tolkien oder J.K. Rowling, der Autorin von „Harry Potter“. Denn die phantastische Literatur gibt es bereits seit der Antike. Alte Sagen und Heldenepen – wie die Ilias, das Nibelungenlied oder die Artus-Romane – thematisierten bereits Magier, Drachen, phantastische Geschöpfe und Götter. Viel von dem, was wir heute in modernen Fantasy-Romanen finden, war schon damals sehr beliebt und weit verbreitet.
Mit dem Erscheinen von „Harry Potter“ führen Bücher aus der Gattung der Fantasy-Romane regelmäßig die Bestseller-Listen an, inspirieren Rollen- und PC-Spiele und feiern als Kinoverfilmungen Kassenerfolge. Jüngstes Beispiel dafür sind die Serie „Die Tribute von Panem“ und die „Bis(s)“-Reihe von Stephenie Meyer. Vielleicht gelingt es Benedikt ja einmal, auf diesem Feld der Fantasie Fuß zu fassen und viele Leser auf seine fantastischen Reisen mitzunehmen.
J. Vesper